Rechtsrutsch in Oesterreich

Auch wenn davon auszugehen war, dass es eine Denkzettelwahl geben und die Rechte an Stimmen zulegen wird, ueberrascht mich doch, dass Strache und Haider mit 30% der Stimmen den Wahlerfolg von 1999 sogar noch ueberbieten konnten. Wir Oesterreicher, die wir nicht verstehen wollten, warum Italien wieder Berlusconi gewaehlt hat, machen BZO und FPO mit dem „Untoten aus Kaernten“ und Dobermann Strache zur stimmenstaerksten rechtsradikalen Partei europaweit. In welches Oesterreich werde ich im November, wenn die Koalitionen feststehen, zurueck kommen? In eine „Alpenfestung“, die via Volksbefragung den Austritt aus der EU anstrebt, Auslaendern mit noch schaerferen Fremdengesetzen nahelegt, das Land zu verlassen, die saemtliche oppositionellen Kraefte mit dem Antimafiaparagrafen kriminalisiert, wie sie es am Beispiel der fast 100 Tage eingesperrten Tierschuetzer vorexerziert haben oder – noch schlimmer – in ein Land, das seine eigenen Buerger mit gesetzlich genehmigten Lauschangriffen bespitzelt, den Verfassungsschutz gaenzlich aushebelt, Minderheiten zwingt, sich mit Aufnaehern optisch zu erkennen zu geben, Lebensmittel nur gegen Nachweis von Deutschkursbesuchen? Ich habe dem selbsternannten Volkstribun Strache bei einem seiner Auftritte zugehoert und weiss von Haider, der in der Vorwahlzeit Kreide geschluckt zu haben scheint, um als staatstragender und moderater Politiker auch bei den enttaeuschten Spo und OVP – Waehlern zu punkten,  dass sie – einmal an der Macht – alles daran setzen werden, diese albtraumhaften Programme umzusetzen.
Vielleicht aber ist dieser Wahlausgang auch Anlass fuer die seit Jahren in Lagerkaempfen zerstrittene Linke, sofern es diese ueberhaupt noch gibt, sich neu zu organisieren und sich auf das Wesentliche zu einigen, „den Anfaengen zu wehren“, die in Oesterreich mit seiner noch immer nicht aufgearbeiteten Vergangenheit schon des Laengeren ueber die Anfaenge wieder hinausgehen.

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2 Comments
  • Ingrid Dogan
    Posted at 04:05h, 01 Oktober Antworten

    Liebe Helmut,

    Christian hat die politische Lage beschrieben – dem kann ich mich nur kommentarlos anschließen.
    Ich kann jetzt endlich deine Reiseberichte beginnen zu lesen, was noch etwas Zeit braucht, denn du versorgst uns ja mit immensen Texten, Informationen und Fotos.
    Deine Reise weckt in mir Erinnerungen, wie es ist unterwegs zu sein und nicht wissen, wo man am anderen Tag ist. Ein Gefühl der Freiheit, der Unbelastetheit, nur das zu besitzen, was man mit sich trägt – ich hatte ja nicht so ein Equipment wie du.
    Ein anderer Kontinent, viele neue Begegnungen – Helmut, ich reise mit und wünsche dir weiterhin alles Liebe.

    Un abrazo
    Ingrid

  • chb
    Posted at 04:53h, 30 September Antworten

    lieb helmut magst ruhig sein. keine übertriebene angst. was hat die letzten koalitionen so großartig unterschieden. ob schwarz blau, ob rot schwarz oder auch zurückliegend rot blau. lediglich die luft bei der diskussion war unterschiedlich warm. es ist eher eine klimatische b’denn eine konkrete veränderung. zum einen werden die meisten rahmenbedingungen ohnehin nicht im österreichischen parlament bestimmt, zum anderen werde ich das gefühl nicht los, dass das wahlergebnis nun langsam dorthin kommt, wo die wählerInnen schon lange sind. es ist ein ausdruck der realen kultur dieses landes. das ist zwar ziemlich öde und teilweise unappetittlich und vor allem dumpfbackig, aber noch lange keine faschistische diktatur. zur zeit gehts bei uns – für die meisten – immer noch um pfründe und nicht ums überleben.
    lediglich von der idee, dass die „ewiggestrigen“ aussterben, müssen wir uns verabschieden. und vielleicht auch dem ins auge sehen, dass es unserer generation nicht gelungen ist die lehren der vergangenheit in bewußtsein der jugend (mehrheitlich) umzusetzen. umso wichtiger ist es die wertediskussion in gang zu bringen und zu erhalten – das hat aber -leider- wenig mit unseren gewählten parteien zu tun….
    venceremos (irgendwanneinmal:)))

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