17 Jul In Saranda
Die Strecke von Vlore nach Saranda, für die Busse eine halbe Tagesreise unterwegs sind, schaffte unser Fahrer in drei Stunden. Wir ließen uns zu einem günstigen Hotel am Hafen bringen. Tragflügelboote bringen täglich hauptsächlich griechische Touristen von der nahegelegenen Insel Korfu nach Sarande. Sie wollen vor allem Butrint sehen, eine der größten Sehenswürdigkeiten, die Abanien zu bieten hat.
Den vom Albanienführer angepriesenen Charme des ehemals kleinen Fischerhafens, hat er durch die unkontrollierte Bauwut mittlerweile ziemlich eingebüßt. Alles was schön ist und Touristen anzieht, wird so allmählich kaputt gemacht. Hier wird uns kein verlöschender Blick mehr auf eine malerische Idylle gestattet.
Wir fragen uns, wer die Baugenehmigungen für die vielen Hotels erteilt, mit denen die Strände zubetoniert werden. Nie und nimmer können sie alle ausgelastet sein, wenn sie einmal fertig sind. Haben die Eigner sich verspekuliert, sind sie skrupellosen Immobilienhaien aufgesessen, oder wurde etwa ein Baustopp verfügt, und die Betonskelette warten mit ihren Armierungseisen, die den Bau des nächsten Stockwerks vorbereiten hätten sollen, auf ein Einsehen der Natur, das sie in tausend Jahren zu Zeugnissen einer barbarischen Architekturkultur machen?
Es sollte aber noch schlimmer kommen, doch will ich nicht vorgreifen. Noch sind wir in Sarande, das im letzten Jahrhundert von den Griechen zerstört und geplündert worden ist, weil sie diesen Teil Albaniens für sich beanspruchten. Im Balkankrieg warfen sie hier die Truppen Mussolinis zurück, dann rollten die deutschen Panzer der Küste entlang über die Grenze nach Griechenland, die nur 35 km entfernt ist.
Um in der Gegenwart anzuknüpfen: Auf einer Hauswand finden wir ein Plakat, das zum „Nein“ gegen den NATO-beitritt Albaniens aufruft, der allerdings schon im Mai stattgefunden hat. Nicht in der EU, aber in der NATO. Geostrategische Interessen haben – wohin man schaut – doch immer Vorrang gegenüber Integration.
Leider wurde meine Lebensgefährtin von fürchterlichen Magenkrämpfen heimgesucht. Während sie das Bett hütet – endlich eine gut funktionierende Aircondition – mache ich mich auf den Weg zu einer Apotheke. Ich spreche eine Gruppe von Männern an, von denen sich einer sofort anbietet mich zu begleiten. Das Zeichen für Magenweh – kreisende Bewegungen über der Bauchgegend mit schmerzlichem Gesichtsausdruck – veranlassten meinen albanischen Führer, das Anliegen in der Apotheke, die ich von außen als solche nicht erkannt hätte, gleich auch in die Landessprache zu übersetzen. Es wurden dicke Bücher gewälzt, in denen alle Medikamente aufgelistet sind, es wurde diskutiert, telefoniert und solange verhandelt, bis das beste Mittel gefunden war. Ich frage: Wo kann solche Hilfsbereitschaft noch angetroffen werden?
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