Die DAN-Küche

Die DAN-Küche
Der Ofen schaffe zwar eine gemütliche Atmosphäre, sagte der Professor, indem er sich zurücklehnte und die Hände im Nacken verschränkte, aber er mache auch faul. Das liege daran, dass er nicht zu regulieren sei. Die Hitze mache ihn so müde, dass er am liebsten den ganzen Tag im Ohrensessel sitzend verbringe und nach einem Spaziergang, wenn er sich dazu aufraffen könne, glaube, eine große Leistung vollbracht zu haben. Dabei schaute er versonnen zur verglasten Tür ins Freie, wo die Sonne gerade dabei war, sich über dem See in einem spektakulären Untergang zu verabschieden. Der Ofen böllerte, die Gäste nippten an ihren Teetassen, während die Frau des Professors, der sich dieses nach allen Seiten offene Haus in heute unerschwinglicher Hanglage von einem befreundeten Architekten nach seinen Plänen hat entwickeln und entwerfen lassen, zwischen Wohnraum und Küche hin und herlief, um ihrem Mann und dem mit ihm befreundeten Ehepaar, – ehemalige Studenten, die seine Vorlesungen besucht hatten -, unausgesprochene Wünsche von ihren Lippen abzulesen.
Die ihm als Greta vorgestellte Frau hatte strohgelbe Haare, Sommersprossen und Augen so blau wie Enteneier in den Anden, wo die Schwefelkonzentration im Boden hoch ist. Eigentlich hatte er ihr mit diesem Vergleich ein Kompliment machen und den vom Professor eingeladenen Gästen gleichzeitig eine Kostprobe seines auf vielen Reisen gesammelten Wissens abliefern wollen, aber das Schweigen, das er auf diese Ansage hin geerntet hatte, schwebte wie eine eisige Wolke im Raum und wollte sich auch nicht auflösen, als er nachschob: Manche sagen, die blaue Farbe bei den Enteneiern in den Anden käme vom Alkohol. Ich aber halte das für ein Gerücht.
Die Frau des Professors, die eben dabei war, die Schüssel mit den Keksen nachzufüllen, die – wie er vermutete – weniger wegen ihrer Qualität schon aufgezehrt waren, sondern weil sie Gelegenheit boten, nichts sagen zu müssen, schenkte dem Gast einen verständnisinnigen Blick und kicherte. Ihr Mann fand das gar nicht lustig und strafte sie, indem er sie wieder in die Küche schickte: Hast du was auf dem Herd? Es riecht so komisch.
Er hatte ihn zufällig am Vortag auf der Straße in seinem Heimatdorf getroffen, von dem er damals gleich nach der Schule in die große Welt aufgebrochen war, sein Glück zu versuchen. Er hat ihn nicht wiedererkannt. Ich bin der Walter, hat er gesagt, um ihm auf die Sprünge zu helfen; der Walter, der mit dir in die gleiche Schule gegangen ist. Erinnerst dich nicht mehr, Karl?
Weil ihm das peinlich war, dass er sich nicht an ihn erinnern konnte, hat er so getan, als würde er ihn wiedererkennen: Du bist es. Na klar, der Walter. Tut mir leid, aber mit Bart? Wie soll ich dich da wiedererkennen?
Da er noch zwei Tage in der Stadt bleiben würde und sie sich Vieles zu erzählen hätten, schlug der Mann, der einmal ein Mitschüler gewesen sein will, ihm vor, er möge doch Morgen bei ihm vorbeikommen. Weißt, ich hab diese Stadt nur zum Studium verlassen, während du in der Welt herumgekommen bist. Erzähl uns von deinen Abenteuern. Meine Frau und ich würden uns sehr freuen.

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