Zwiegespräche in 4 Akten

Schalt das Hirn aus! Aktiviere die linke Gehirnhälfte!
Befehl ausgeführt.
Jetzt
Ja, jetzt?
Jetzt entspann dich!
Bin entspannt!
Gut! Atme!
Kann gar nicht anders.
Du sollst atmen
Gut! Ich atme.ja schon
Nicht so!
Ja, wie denn sonst?
Ein und aus und ein und aus
Sag ich ja. Tu ich doch!
Nein, du hast mit dem Ausatmen begonnen
Ja und?
Ja und…Du musst mit dem Einatmen beginnen.
Gut. Ich atme ein.
Entspann dich!
Bin entspannt.
Das hört sich aber nicht so an.
Wie muss sich das anhören, dass du es mir glaubst?
So!
Mach ich doch!
Machst du nicht!
Doch mach ich!
So kommen wir nicht weiter!
Ja, wohin weiter?
Ja, das ist die Frage.
Ich hab nicht gefragt.
Ich weiß. Du fragst dich nie, wie es weiter gehen soll.
Warum sollte ich mich das fragen? Es geht ja weiter. Alles geht weiter. Da werde ich doch nicht gefragt!
Du lässt also die Zügel schleifen. Findest alle in Ordnung so, wie es ist? Was?
Ja, verdammt noch mal. Stimmt was nicht? Ist was nicht in Ordnung? Was soll ich denn nicht in Ordnung finden?
Das!
Was?
Na das, dass du alles immer in Ordnung findest.
Was soll ich denn nicht in Ordnung finden?
Du wiederholst dich! So kommen wir zu keinem Ergebnis.
Zu welchem Ergebnis sollen wir denn kommen?
Jetzt tu nicht so, als ob du nicht wüsstest.
Was soll ich denn schon wieder wissen oder was glaubst du, dass ich weiß, aber so tun will, als wüsste ich’s nicht?
Na, dass nicht immer alles in Ordnung ist.
Jetzt fängst du schon wieder damit an!
Ja, jemand muss es dir einmal sagen.
Und dieser Jemand willst ausgerechnet du sein.
Ja, ausgerechnet ich oder ist dir etwa entfallen, dass du es warst, der mich angerufen und um einen Termin gebeten hat?
Ich soll bei dir um einen Termin gebeten haben?
Du willst mich wohl wütend machen, mich aus der Fassung bringen?
Wenn hier jemand wütend werden darf, bin ich es.
Worauf denn?
Also zuerst sagst du, ich soll mich entspannen. Dann tu ich es und entspann mich und das ist dir dann auch wieder nicht recht und unterstellst mir, dass ich ein Problem habe, weil ich alles in Ordnung finde, obwohl ich nicht weiß, was nicht in Ordnung sein sollte. Dann versteigst du dich auch noch dazu, mir einreden zu wollen, ich wüsste es, aber ich tue so, als ob ich es nicht wüsste, und bis jetzt sagst du mir nicht, was ich denn deiner Meinung nach weiß. Wenn mich das nicht wütend machen soll, was dann?
Jetzt habe ich dich aus der Reserve gelockt.
Das war dein Ziel? Mich aus der Reserve zu locken? Ich habe geglaubt, du wolltest, dass ich mich entspanne.
Ich sehe schon, wir kommen so nicht weiter.
Ja, um alles in der Welt, wohin soll ich denn kommen? Es geht doch alles weiter. Ob ich komme oder gehe: Alles geht weiter.
Na geh!
Na komm! Ich geh jetzt!
Jetzt gehst du zu weit!
Wie weit darf ich denn gehen? Muss ich dich da fragen?
Endlich! Endlich fragst du. Ich darf dich erinnern, dass du behauptest hast – und das ist gar nicht lange her -, dass du dich weder fragst, wie es weiter gehen soll, noch wie weit du gehen sollst.
Ja, weiter ist doch noch nicht zu weit.
Wenn du so weiter machst, gehst du zu weit. Das sag ich dir im Guten.
Willst du mir drohen?
Dir drohen? Nein, dich zur Besinnung bringen. Weit ist es gekommen mit dir?
Bin ich jetzt weit gegangen oder weit gekommen?
Weit herum gekommen bist du. Das stimmt. Das will ich ja nicht bestreiten. Aber du bist zu weit gegangen. Jetzt kannst du nicht mehr zurück!
Ja, woher denn zurück?
Von dort, wo du hergekommen bist.
Und wohin zurück?
Ja, diese Frage ist es, die nur du selbst dir beantworten kannst.
Aber wenn ich sie mir gar nicht stelle?
Ja, das ist ja dein Problem, auf das ich dich aufmerksam machen will.
Danke, aber wohin soll die Frage führen?
Vielleicht, dass es so nicht weiter gehen kann.
Ich geh jetzt!
Siehst du? Du gehst mir aus dem Weg.
Ja, geh mir aus dem Weg! Lass mich gehen!
Entspann dich!
Ich bin ganz entspannt. Ich atme aus. Ich atme ein. Ich kann gar nicht anders.
Und du glaubst, dass das immer so weiter geht?
Was ist schon immer? Natürlich nicht immer. Aber solange es geht.
Gut, ich lass dich jetzt gehen. Lass dich gehen. Lass dich gehen. Lass dich gehen.

Wo kämen wir da hin?

Ja, wo kämen wir da hin.

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3 Comments
  • Gerhard Grabner
    Posted at 15:24h, 14 Februar Antworten

    Witzige, alptraumhafte Dialoge. Gehören auf die Bühne. Das ganze Leben ist ein Aufarbeiten, sagt die M.

  • Ingrid
    Posted at 18:06h, 28 Januar Antworten

    Am Ende konnte ich endlich ausatmen…

    LG Ingrid

  • bianca marija edinger
    Posted at 08:24h, 27 Januar Antworten

    Ausgezeichnet!Toll!L.G.Marija-Bianca

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