24h Hilfe: First encounter

Mutter portraitiert von meiner Schwester Romana Hostnig

Im Gedenken an meine Mutter und in Gedanken an alle jene rumänischen, ungarischen slovakischen, slowenischen und bulgarischen Pflegekräfte, die ihre eigenen Familien zurückließen, um für unsere SeniorInnen zu sorgen. Nur zur Erinnerung: Die österreichische Regierung unter Kurz und Strache hat es ihnen mit der Kürzung der Familienbeihilfe danken wollen. In Gedanken auch an alle, die jetzt ohne diese Hilfen auskommen, den Alltag unter den Ausgangsbeschränkungen bewältigen müssen und gleichzeitig für ihre kranken Angehörigen sorgen, wenn es ihnen überhaupt möglich ist, falls sie in einem anderen Bundesland wohnen.

Pflegekraft (eine Hünin von Frau) der 24Stundenhilfe aus Rumänien inspiziert das für sie eingerichtete Zimmer:
Pflegerin: Viel Buch. Wenig Platz für Kleid. Fernseh gut? Internet gut? Du mir sagen Passwort, ja? Ich Marianne. Du? Aus Rumänia ich, von wo Dracula, und Mama deine, wie heißen? Wo ist?
Sohn stellt ihr seine Mutter vor, die gerade geschlafen hat: Mama, das ist Frau Marianne aus Rumänien; Frau Marianne, das ist meine Mama.
Und wie heißen Mama?
Mama, sagt Sohn, Frau Marianne will wissen, wie heißt du?
Ja, bist du jetzt schon ganz blöd?, sagt Mutter. Du weißt doch, wie ich heiß.
Ja, schon, sagt Sohn, aber Frau Marianne weiß es noch nicht.
Marianne? fragt Mama. So hat meine Schwester geheißen. (Zu Frau Marianne): Wissen Sie, meine Schwester ist schon vor Jahren gestorben. Bei einem Autounfall. Das war kurz vor Silvester. Ein Betrunkener ist in das Auto hineingefahren. Meine Schwester und ihr Mann….
Pflegerin zu Sohn: Wie soll ich sagen zu deine Mama? Wie heißen?
Sohn übersetzt und brüllt in das rechte Ohr seiner Mutter: Mama, sag ihr, wie du heißt.
Mutter zu Sohn: Sie kann alles sagen. Sie kann sagen Anna oder Liese oder Anneliese. Wie sie will. Sie muss nicht Frau sagen.
Sohn: Ja, Mama. Sag ihr das. Ich weiß ja, wie du heißt.
Pflegerin tätschelt Mutters Wange, die das gar nicht mag, und meint, sich an Sohn wendend: Ist liebe Frau, deine Mama und alt wie?
Sohn: Sie wird bald 91 und heißt Anneliese.
Pflegerin: Ich heißen Marianne und du Anneliese. Hallo Frau Anneliese. Ich kommen aus Rumänia. Aus Land von Dracula. Dracula, du wissen? Vampir. Du keine Angst haben. Ich nix beißen.
Sohn: Frau Marianne. Sie müssen ganz laut sprechen mit Mama.
Mutter unbeeindruckt von Dracula und Vampir, aber trotzdem ängstlich: Von so weit? Auf Besuch?
Pflegerin: Hat Mama deine nix für Ohren? (Dann brüllt sie lauter als der Sohn): Ich nix kommen auf Besuch. Ich hier wohnen und helfen, Frau Anneliese.
Mutter zu Sohn: Wo ist die Katze? Hast du die Katze gesehen? Heut Morgen war sie im Kasten. Weißt du, dort, wo die Bettwäsche ist. Sie springt vom Tisch in den Kasten und ich hab Angst, dass wer zumacht und dann…
Sohn: Mama, die Katze ist in Sicherheit. Hab sie im Garten gesehen, aber das ist Frau Marianne aus Rumänien, die wie ausgemacht, gekommen ist, dir im Alltag zu helfen.
Mutter richtet sich auf: Ach so. Sie kommen aus Rumänien und heißen Marianne, wie meine Schwester. Ich habe viele Mariannen in meinem Leben gehabt. Meine Schwester hat auch Marianne geheißen und ist …
Pflegerin: Ich kommen aus kleine Dorf in Rumänia. (Sie holt ein Foto aus ihrer Brieftasche.) Das mein Mann, zweiter Mann. Männer nix gut. Schlagen, trinken. Viel trinken und dann schlagen. Alles kaputt machen. Er jetzt mit meine Sohn. Sohn so. Sie zeigt auf die Höhe der Tischkante. Mama schaut Sohn ratlos an.
Sohn übersetzt: Frau Marianne kommt aus einem Dorf in Rumänien. Sie hat einen Mann und einen Sohn, der jetzt 5 Jahre alt sein dürfte.
Pflegerin: Nix 5 Jahre. 15 Jahre. Von erste Mann. Papa und Mama krank. Aorta, Herz, weißt du? Leben 50 km von meine Dorf.
Sohn übersetzt: Mama. Ihr Sohn ist schon 15 und nicht 5 Jahre alt. Ihre Eltern sind krank.
Mutter: Soso. Krank. Ja, alt werden ist nicht schön. Nix für Feiglinge, hat einer gesagt, der es g’wusst hat. Wer war das schnell? Weißt du, wer das war?
Sohn: Ich glaube, ein Schauspieler.
Pflegerin: Liebe Mama du haben. Und viel wissen. Viel Buch, viel wissen. Ich nix Zeit für Buch. Ich arbeiten. Jetzt ich dick, weil immer mit alte Frauen. Deine Mama Rollator? Rollestuhl auch nix? Nix mehr rausgehen? Und du? Du haben Frau?…. Aha. Manchmal Männer gut. Du gut Mann.
Sohn: Danke. Frau Marianne. Ich zeige Ihnen jetzt Küche und Bad, ja?
Pflegerin: Was gewesen, Mama deine, früher? Krankenschwester. Ah. Gute Beruf. Ich Köchin.
Sohn verkündet Mama die frohe Botschaft: Mama, Frau Marianne ist Köchin gewesen. Da wird es dir aber gut gehen.
Mutter: Ich muss abnehmen. Meine Mutter war gute Köchin.
(Mutter wechselt ohne Übergang in die etwas reduzierte Sprache von Frau Marianne aus Rumänia.) Aus Böhmen gekommen, meine Mama. In Böhmen gute Küche. Ich auch viel gekocht. Früher. Jetzt geht nicht mehr.
Sohn: Du musst doch nicht abnehmen, Mama. Alle Kleider sind dir schon zu groß.
Pflegerin lacht: Du nix abnehmen. Ich abnehmen. Schau. (Zeigt auf ihren Bauch)…Mann kann essen alles. Kann Bauch haben. Frau nicht. Frau Anneliese mögen Fleisch? Ich viel Fleisch. Du jetzt rumänische Küche: Viel Grün, viel Fleisch, viel Kartoffel und Zwiebel auch.
Sohn wirft ein: Und Knoblauch. Wegen Dracula.
Pflegerin schaut Sohn an: Was sein Knoblach?
Mutter will Pflegerin die Hand geben: Hat mich sehr gefreut. Kommen Sie gut wieder heim.

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2 Comments
  • Susanne Hammer
    Posted at 11:29h, 23 März Antworten

    Zum Lachen und zum Weinen gleichzeitig……..

  • Rainer
    Posted at 20:41h, 22 März Antworten

    Sehr treffend!!!

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