31 Aug Nordböhmens must-visit-places
Von Mezni Louka über den Gabrielensteig, der sich am Fuß der Sandsteinfelsen entlangschlängelt, steigt man nach einer kurzen Bootsfahrt – die Lotsen navigieren auf der Kamnitz noch wie vor 130 Jahren, als die Klamm erschlossen wurde, mit einem langen Stecken durch die Schlucht -, zum Prebischtor hinauf: Touristische Trampelpfade, auf denen niemand auch nur 10 m allein ist. Das Gasthaus “Falkennest” mit 50 Betten am Prebischtor hätten die Russen aufgekauft, heißt es. Um Erosion zu vermeiden, darf die Felsenbrücke, – die größte Sandsteinfelsbrücke Europas mit einer Spannweite von 27 m -, nicht mehr betreten werden. Unterhalb des Prebischtors gibt es Bergwanderwege, die bis nach Budapest führen sollen. Das Wahrzeichen der Böhmischen Schweiz nicht besucht zu haben, hätten wir sicher bereut, denn immer wieder boten sich herrliche Aussichten auf die hügelige von Eiszeit und Vulkanen geprägten und von Sehenswürdigkeiten reichen Landschaft, die neben Yosemite Nationalpark und den Galapagos Inseln in den Reiseführer zu den must-visit-places der weltweit schönsten und unberührten Landschaften aufgenommen wurde.
Nicht nur Maler wie Caspar David Friedrich und berühmte Musiker wie Carl Maria von Weber und Richard Wagner besuchten die unberührte Region, um sich hier inspirieren zu lassen, sondern auch Schriftsteller. Die Raubritterburgen, Felsenstädte sowie Feen- und Zwergenmärchen beeinflussten nicht nur das Schaffen des berühmten Märchenautors Hans Christian Andersen, sondern auch des Dichters R. M. Rilke:
“Ringsum locken tausend Wege in die geheimnisvolle Wildnis hinein. Denn, wahrlich, zu süßem, sorglosem Ruhen ladet dort alles ein – auch heute noch. Die weiten Matten mit moosigem Grunde, von Erika übersäet, schauen wie violette Kissen aus, die Bäume bilden einen prächtigen Baldachin, und die hohen Farren fächern wohlige Kühle.“
Anderson:
…”und dann sehe ich die wilden Felsen des „Prebischtors“, wo wir unter dem steinernen Bogen standen, den der mächtige Naturgeist über unseren Köpfen erschaffen hatte. Ich sehe tief unter uns die undurchdringlichen schwarzen Wälder und die fernen schneebedeckten Berge, die im Sonnenschein schimmern.“
Über gut geteerte, aber eng geführte Straßen gelangen wir nach Rumburk zur Loretokapelle mit der schwarzen Madonna, ein ehemaliges Kapuzinerkloster, das nach Plänen des Wiener Architekten Lukas von Hildebrandt 1704 errichtet worden ist; ein barockes Kleinod und einzigartiges Kulturdenkmal mit einem beeindruckender Kreuzgang und der Geschichte eines von den Kommunisten aufgelösten Klosters. Zur Veranschaulichung des Kreuzweges gibt es einen von römischen Söldnern bewachten stilisierten Kerker und eine heilige Stiege, die von höhnisch grinsenden Menschen gesäumt ist. Umschlossen vom Kreuzgang steht die nach italienischem Vorbild, aber mit lokalem Sandstein erbaute Kapelle, deren Fassade mit Stuckreliefs aus dem Leben der Jungfrau Maria und mit korinthischen Säulen verziert ist.
Ein anderes, ebenso lohnendes Ausflugsziel ist der 30 m hohe Sandsteinfelsen mit der Felsenburg Sloup (Rudolfstein), auf der die Bewohner der Gegend im Mittelalter bei Bedrohungen Zuflucht vor den ins Land einfallenden Armeen gesucht haben. Und solche Bedrohungen gab es in den auch damals schon turbulenten Zeiten und während der zahlreichen Kriege an der deutsch-tschechischen Grenze viele.
Noch heute erinnern viele Denkmäler, in Stein gemeißelte Botschaften, Friedenskreuze, Felskapellen und verlassene Kreuzwege, die schwer aufzufinden sind, an die bewegte Vergangenheit der Region. Die Felsenburg diente auch als Adelseremitage mit Lustgarten und Weinberg. Wir befinden uns im Herzen Nordböhmens, das einmal zur Habsburgmonarchie gehörte: Davon zeugt eine Inschrift: Franz Joseph was here mit seinem Bruder Maximilian, den er dann nach Mexiko abgeschoben hat. (Anmerkung des Autors)
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