Canto andino

Sah weit hinaus über‘n Tellerrand
auf meinen Reisen übers Land und das Meer.
wie alle die Ziele und Städte hießen und heißen,
– es waren so viele -,
ich weiß es nicht mehr.
Ich weiß es nicht mehr.

Von weither kommend
Mit günstigem Wind
ein Irgendwer für die Andern
Ließ ich mich tragen und treiben
Bei meinem ziellosen wandern
Sprachlos oft
und wie ein Kind,
das mit Fragen sich neue Welten erschließt,
erfragte ich Namen, begann zu schreiben,
mir Reime zu machen auf das, was ich sah.
Was geschah und geschehen war
Und noch immer geschieht
Wollt‘ ich verdichten
So wurd’ es zum Lied
Und wie einer, der Öl auf die Flammen gießt,
damit die Feuer noch lange brennen,
begann ich das Anderssein zu benennen,
Anker zu werfen, um sie zu lichten…

Wie der Fischer sein Netz,
so holt´ ich Geschichten ein

Ich ließ mir berichten
vom Beben der Erde
von wandhohen Wellen,
die Häfen und Städte verschlangen:
Vom Stirb und Werde!
Vom Hoffen und Bangen!
Von Vulkanen, die bellen,
den Himmel anzünden.
Sah Berge erröten, im Abendrot glüh‘n,
sah Flüsse in Seen und Meere münden,
sah Gletscher kalben
und Wüsten, die blüh‘n.
Sah Schwäne ganz weiß
sich ins Blau der Lagunen malen.
Ich hab ihn gesehen den Regenbogen.
War dort, wo sich Himmel und Wasser küssten
und beide einander sich spiegeln,
als ob sie um ihre Schönheit wüssten
und so ihre Küsse versiegeln.
Den Kondor sah ich
wie eine Schwalbe den Aufwind suchen
bis hinauf zu den Kathedralen aus Felsen und Eis.
Ach, könnt´ ich doch seine Flüge buchen
Und ebenso selbstvergessen
Diees Räume im Fluge durchmessen.
Stattdessen nehm´ ich den Bus
Muss weiter. Immer weiter.
Ich muss.

traf Arme und Reiche
und Menschen in Not.
Sah Bauern die Erde bestellen
und war bei den Fischern,
die im Kampf mit den Wellen
beten ums tägliche Brot.
Traf Freunde an Orten,
die schwer zu finden auf Karten.
Arm an Worten hörte ich zu
und lernte zu warten.
Ich hörte den Klang
Und die Stille magischer Orte
Noch vor dem Anfang
der fleischgewordenen Worte,
als Wunsch und Wille
die Welt erschufen,
und Bilder von Menschenhänden
Auf Wänden von Felsen so wirklich waren,
wie dieses in Ocker gemalte Rufen
durch die Zeit vor 10000 Jahren.

 

Und wieder nehm ich den Bus
– die Schiffe der Straßen –
Muss weiter. Ich muss.
Überquere den Estrecho de Magellan.
Gibt es ein Ende ?
Ein Ende der Welt?
Wann kommt man an?
Kommt man je an?

Reisend könnt’ ich mein Leben verbringen,
mir Schwingen borgen erträumte,
um all das noch zu sehen,
was ich versäumte,
wäre das Leben nicht selbst eine Reise:
Ein Wiedersehen und Abschiednehmen,
ein Weben von Bändern
vom Rand zu den Rändern:
Der Versuch zu verstehen
– und jeder tut es auf seine Weise –,
wenn er die Gipfel der Berge erklommen:
Wohin noch gehen?
bin ich schon angekommen?
Das zu entdecken, im Schlaf zu erwachen,
das Vertraute im Fremden zu wecken,
sich neu zu erden, ist das nicht viel?
Und das Leben mehr als nur sterben?
Ist das nicht das Ziel jeder Reise?
Heimzukommen?
Erwartet zu werden?

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2 Comments
  • Rainer Hostnig
    Posted at 06:54h, 03 April Antworten

    Wehmütig, aber schön!

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