Ausflug nach Corral und Mancera II

Hier noch ein Bericht – anders abgefasst, der zuerst in den virtuellen Datenströmen eines mit Ubuntu aufgesetzten Computers verloren gegangen ist.

Rene hat fuer heute einen Ausflug zum Meer und der Insel Mancera vorgeschlagen. Dem Flusslauf des San Pedro folgend ist Corral, der nach dem Erdbeben 1960 zum Fischerort heruntergekommene Pazifikhafen keine 15 km von der Stadt entfernt. Wir nehmen ein Mikro. Von weitem kann man die genetisch veraenderten Eukalyptuswaelder sehen, die – von Celco gepflanzt – der spaeteren Holzverarbeitung dienen. Ihr Wurzelgeflecht verbreitet sich dermassen agressiv, dass der Boden keine andere Anpflanzung mehr zulaesst. Das erste Mal sehe ich die Humedales, schilfbewachsene Suempfe und Flusslandschaften, in denen viele Vogelarten, aber auch die schwarzhalsigen Schwaene brueten.

Angekommen muessen wir eine lancha nehmen, die uns auf die andere Uferseite des Rio Pedro bringt, der hier breit wie die Donau, aber ohne sich zu verzweigen, ins Meer muendet. Im Hafen liegt ein einziges Schiff, das – wie koennte es anders sein – Holz geladen hat. Waehrend eines kraeftigenden Culanto, wie ich ihn aus Temuco kenne, erzaehlt uns die Wirtin, wie das war, damals, als nach dem Erdbeben die Flut kam. Eine 10 Meter hohe Wasserwand, die die Haeuser und die im Hafen vor Anker leigenden Schiffe mitriss.

Reni zeigt mir die Stelle, wo auf einem Stein die Hoehe des Wasserstandes markiert ist.  Der Blick in die Gegenrichtung macht klar, dass hier alles ueberflutet gewesen sein muss.

Jetzt besichtigen wir die Wehranlagen aus dem Jahr 1645, das sogenannte Antemural des Pazifik, das die Schifffahrt bis zum Kap Horn sichern sollte, Drei Jahre frueher hatten die Hollaender versucht, sich hier festzusetzen. Es war also hoechste Zeit fuer die Spanier, das von ihnen eroberte Land mit 21 aufs Meer gerichtete Kanonen zu schuetzen. Kein Platz koennte strategisch guenstiger sein. Auch auf der anderen Uferseite und auf der Insel Mancera, die genau dazwischen liegt, furchteinfloessende  Batterien.

Endlich sehe ich die cisnes de collo negro – die schwarzhalsigen Schwaene – in vivo. Sie sind wunderschoen.

Mittlerweile ist es 5 Uhr und wir wechseln mit der naechsten Lancha auf die Insel Mancera, auf der der Vizekoenig Perus eine Festung mit Kassematten, einer Kirche und dem Haus des Kommandanten errichten liess. Im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel haben wir die wie eine Tempelanlage anmutende Ruine, heute Kulturdenkmal – ganz fuer uns. Ein loro parlante – sprechender Papagei – laesst vermuten, dass die Kirche im mestizo Barrock ausgefuehrt worden ist. Die Kanonen zeigen auch hier in Richtung Pazifik.

Ein Pfad fuehrt hinunter zum kleinen Strand und den Felsen, auf denen Moewen und Kormorane sitzen. Das Gekreisch der Seagulls und Kormorane, das Tuckern eines Motorbootes, das Knirschen meiner Schritte im Sand, die heranrollenden und wieder verebbenden Wellen, die sich an den Felsen brechen: was fuer ein Konzert.

Das saftige Gruen der Gaerten, die buntbemalten Holzhaeuser und die ueppige Vegetation erinnern mich an Karibik.  Das Karibikfeeling vergeht mir aber, als wir erfahren, dass es keine Lancha mehr zurueck gibt. eine Stunde verbringen wir frierend auf der Mole, bis wir beschliessen, die Fischer zu fragen, wie wir wieder auf das Festland kommen. Es sind Taucher und ein bisschen betrunken, aber ueberaus freundlich. Ohne Sauerstoff tauchen sie – nur durch einen Schlauch atmend – bis zu 100 Meter tief, um die begehrten Muscheln von den Felsen zu loesen. Celco ist auch fuer sie ein Thema und sie reden sich schnell in grosse Wut, da sie eine Kontaminierung ihrer Muschelbaenke fuerchten. Ausserdem ist seit dem Sterben der Schwaene der Tourismus zurueck gegangen. Die zwei Privatunternehmer der Insel, die in den Tourismus investiert haben und gegen Celco Klage fuehrten, wurden mit einer hohen Summe zum Schweigen gebracht. „Uns armen Fischern, die wir unsere Faenge an die Touristen verkaufen, bleibt noch weniger wie frueher. Wir sind nicht abgefunden worden“, beklagen sie sich lautstark, als koennten wir etwas aendern. Sie nehmen uns mit ans andere Ufer. Reni wird zu einer noche de los mariscos eingeladen, die im Sommer bei Vollmond stattfindet. Mir, dem Gringo, wuenschen sie eine gute Weiterreise, starten den Motor und sind bald ausser Sichtweite. Wie bestellt kommt ein Micro um die Ecke gefahren, das uns wieder in die Stadt und mich an einen Computer bringt, damit auch dieser Tag nicht ohne Aufzeichnung bleibt.

Uebrigens> Ubuntu ist nicht blogkompatibel. Die importierten jpg verwandeln sich in JPG, ein Format, das nicht in den Blog importiert werden kann. Entweder verstehe ich das System nicht, oder es lassen sich die Fotos tatsaechlich nicht in ihrer Summe umbennen. So muss ich muehsam jedes einzelne Foto in eine blogformattaugliche Erweiterung verwandeln. In den Internetcafes – meistens fensterlose, ebenerdige Geschosse ohne Fenster, herrscht oft ein unglaublicher Laerm, da sich hier die Jugend trifft, um ihre Ballergames zu spielen. Bis die Fotos importiert, auf den Stick geladen und soweit heruntergepixelt sind, dass sie webtauglich werden, der Text geschrieben ist, um ihn dann mit den entsprechenden und zum Text passenden Fotos zu versehen, ist eine Arbeit von Stunden. Meine Leser nicht im Stich zu lassen, mir aber auch selbst das Gesehene, Erlebte oder Gehoerte in Erinnerung zu rufen, bleibe ich dran.

Morgen nach Mississipi. Dort will ich Fischer und einen Priester interviewen. Habt ihr gewusst, dass die Kirche die Verschmutzung der Umwelt in den Kanon der Todsuenden aufgenommen hat. Mir war das neu. Sie kann somit jederzeit in die Pflicht genommen werden. Ob sie sich tatsaechlich zu Verbuendeten der Umweltschuetzer macht, werde ich vielleicht Morgen erfahren.

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