Visits: 8

Ich habe mich schon durch viele Bücher gelesen, wissen sie? Was soll ich auch anderes tun auf den Standplätzen. Mich mit den anderen Fahrern unterhalten? Mir anhören, wie das Geschäft eingebrochen ist mit der Krise, der Konkurrenz mit den Mietwagen oder privaten Anbietern von Mitfahrgelegenheiten, dem Stau dort und dem Stau da, und wie man mit nur zwei Fuhren in 8 Stunden überleben soll? Oder mir vielleicht den dämlichen Funk anhören, um vielleicht noch schneller wie meine Kollegen einen Fahrgast zu heuern, der sich ums nächste Eck chauffieren lassen will? Mann, ich kann ihnen sagen, da ist ein Buch genau das Richtige. Eben hab ich gelesen, wie jemand auf einem Stuhl nach hinten kippt, und das in Zeitlupe. Wohin darf’s sein? Nach B also, sagt er, und schaltet den Taximeter ein. Ein Stuhl, müssen sie wissen, in den seit Generationen Bohrwürmer ihre Gänge und Tunnels gegraben und hinein gefressen haben, bis es zu dem Knacks kam, den ein anderer Autor – den Namen weiß ich jetzt nicht mehr, aber ich schreib mir die besten Sätze immer in ein Heft, müssen sie wissen –,  wo war ich? Beim Knacks, sag ich und denk mir noch, dass ich da einen ganz besonderen Taxilenker geraten bin und es eine kurzweilige Fahrt zu werden verspricht. Danke, sagt er, ich hab den Faden wieder. Er beschreibt also, woher das Holz stammt, aus dem der Stuhl gedrechselt worden war, und holt weit aus bis zu den Wäldern, die die Phönizier gerodet haben, um aus dem gleichen Holz ihre Schiffe zu bauen, bis es eben zu diesem Knacks kommt, den der andere Autor, mir ist der Name noch immer nicht eingefallen -, in den Gesichtern von Abschiednehmenden auf Bahnhöfen wieder fand, und jetzt halten sie sich fest – ich zitiere wörtlich: „Als Leere nämlich in den Augen derer, die ebenso gut Abschied nehmen wie in Gedanken Wurzel ziehen könnten.“ Das sagt er mit geschossenen Augen. So wie man es tut, wenn man sich an etwas besser erinnern will. Ich bin instinktiv auf die nicht vorhandene Bremse gestiegen und hätte beinah einen Wadenkrampf bekommen, so fest habe ich den rechten Fuß auf die Matte gestemmt. Wahrscheinlich, um sich besser konzentrieren zu können oder aber die Wirkung einzuschätzen, den dieser Satz auf mich machen würde, hat er den Wagen aus dem Verkehr genommen, ist an den Rand gefahren und hat sich zu mir umgedreht.

Der Sonnenschirm drohte abzuheben, so stark war der Wind. Er pflanzte ihn tiefer in den Sand, schaufelte mit seinen Händen einen Haufen rund um seinen Stock. Dann legte er sich wieder in den von ihm gespendeten Schatten, der mit der Sonne zu wandern begann. Wenn er aufwacht, wird er wissen, dass er die kommende Nacht nicht würde schlafen können. Der Schirm tanzte kieloben draußen auf den Wellen. Die Sonne kippte gerade blutrot hinter den Horizont. Er will ins Wasser, obwohl er weiß, dass es ihm nur kurzfristige Kühlung versprechen kann und das Salz dann auf seiner verbrannten Haut trocknen würde. Den in den Farben des Regenbogens leuchtenden Schirm zu retten, kam ihm nicht in den Sinn. Er war zu müde. So müde, dass er sich noch im Schlaf die Augen rieb. Der zu Asche verbrannte Teil einer Zigarette ragte glimmend noch über den Tischrand hinaus. Sie lag auf dem Sofa und nippte an einem im oberen Drittel rechtwinklig geknickten blauen Strohhalm, den sie - während sie telefonierte – grade zu biegen versuchte. Hey. Nein. Kommt gar nicht in Frage. Wo denkst du hin? Aber. Was willst du damit sagen? Die Glut der Zigarette fraß sich langsam in den Filter. Sie dämpfte sie nicht aus, beobachtete sie aber angestrengt, jederzeit bereit einzugreifen, falls sie über den Rand des Glastisches auf den Teppich kippen sollte.