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[caption id="attachment_11119" align="alignnone" width="1250"] Im Bing Bend[/caption] Warum digitales Storytelling? Weil es ein Hype ist oder vielleicht doch ein neues journalistisches Herangehen (Schlagwort: Innovativer Journalismus) an Informationsaufbereitung, die die Entertainment-Bedürfnisse von Mediennutzerinnen besser bedient? Interaktiv, non-linear, online, zeitsouverän? Jedenfalls gibt es seit „Snow Fall – The Avalanche at Tunnel Creek“, der ersten von der New York Times online publizierten Multimediastory  unzählige Nachfolger auch von renommierten Medienhäusern.

"Ich sehe seit einer Zeit wie alles sich verwandelt Etwas steht auf und handelt und tötet und tut Leid"... Rilke (Ende des Herbstes) flohmarkt (25) Der Überlieferer erzählt: Und Sheherazade hielt in der verstatteten Rede inne:

Ich hab’s satt, dir jeden Abend Geschichten mit Cliffhanger erzählen zu müssen, nur um zu verhindern, dass du mich morgen nicht um einen Kopf kürzer machst. Das ist jetzt die 366igste Nacht und 1000 und eine sollen es werden? Nicht mit mir. Schluss mit storytelling. Basta. Aus. Hast dich ja selbst angeboten, könntest du jetzt einwenden, wirst es aber nicht tun, weil du in Schockstarre verfallen bist. Nie noch hat dir eine Frau widersprochen. Eine jede hat gewusst, wo ihr Platz ist in der patriarchalen Ordnung, als deren Hüter du dich aufspielst. Ich weiß, dass ich mich um Kopf und Kragen rede, aber das tat und tue ich schon 366 Nächte. die heute eine Nacht länger als ein Jahr alt sein wird. Soll es also auf diese nicht ankommen. Es ist die letzte. Im Nichts der Nacht und all der Nächte, die ich jetzt mit dir verbracht habe, ist nie mehr keine lange Zeit. Ich weiß. Du bist hungrig nach Geschichten. Ich erzähle dir eine letzte. Sie wird dir nicht bekommen. Das weiß ich. Ich habe nichts mehr zu verlieren. Jeden Morgen von Neuem bangen zu müssen, ob meine story so gut erzählt war, dass du vielleicht noch den nächsten Abend abwarten willst, um ihr Ende zu erfahren; mir immer wieder neue ausdenken zu müssen, um nicht übermorgen doch noch von deinen dir ergebenen Bütteln gesteinigt oder mit Peitschenhieben ins Jenseits befördert zu werden, um deine vermeintliche Ehre mit Blutrache wiederherzustellen? Weißt du eigentlich, wie zermürbend das ist? Wie demütigend? Nein. Du hast keine Ahnung, was das heißt. Weil deine erste Frau dich betrogen hat, hast du sie abgeschlachtet wie eine räudige Hündin. Dann hast du dir Heerscharen von Frauen zuführen lassen, um sie ihrer Jungfräulichkeit zu berauben und anschließend deinem Scharfrichter zu übergeben. Femizid nenne ich das. Was für ein Hass muss schon vor diesem Treubruch in dir geschlummert, welche Angst vor allem Weiblichen dein Gehirn vernebelt haben, dass du zu solch sühnelosen Morden fähig wurdest, und ohne mit der Wimper zu zucken, auch mich zu deiner Sklavin und Hure machst, deren Aufgabe auch noch darin besteht, dich so gut unterhalten zu müssen, dass deine Mordlust besänftigt wird.

Naiv, wie ich war, habe ich meinen dir treu ergebenen Vater überredet, dass er mich dir zuführt, wie man das mit einem Lamm tut, das man an einem Tag einem Kind schenkt, um es an einem andern zu schächten. Natürlich war er dagegen. Er hat ja gewusst, was mir blüht. Mit einer Geschichte hat er mich davon abhalten wollen. Die kennst du nicht, und ich habe sie dir auch nicht erzählt, weil sie Wasser auf deine Mühlen ist. Trotzdem erzähle ich sie dir. Es ist die letzte.

Wenn es um Marillen geht, um sie für Marmelade einzumachen, müssen sie – da kennt meine Lebensgefährtin keinen Pardon – aus der Wachau sein. Leider sind auf einer der beiden Donauseiten die Ernten wegen Frost geringer ausgefallen als im Vorjahr. „3 strenge Frostnächte in der letzten Aprilwoche hatten den damals bereits ca. 10 mm kleinen Früchten arg zugesetzt“, ist auf der Website der Wachauer Marillenbauern zu lesen, auf der mit einer Webcam das Stadium der Reife überprüft werden kann. Wir fanden in Rohrendorf, ein paar Kilometer hinter Dürnstein, einen Stand, auf dem Steigen von Marillen feilgeboten wurden. wachau (22)Kaum war ich eingeparkt, hielt auf der anderen Seite der Fahrbahn, die an dieser Stelle durch eine nicht unterbrochene Mittellinie begrenzt war, ein Streifenwagen. Der in weißer Uniform gekleidete Beamte winkt mich zu sich: Wissen sie, was sie eben gemacht haben? Schuldbewusst und zerknirscht gestehe ich ein, die nicht unterbrochene Mittellinie überfahren zu haben, um zum Marillenstand auf der anderen Fahrbahnseite zu gelangen. Auch wenn ich weiß, dass das nicht Texas ist und die Beamten hierzulande keineswegs schießwütig, habe ich seit meinen traumatischen Erfahrungen dort eine Heidenangst vor jeder Begegnung mit Uniformträgern, die im staatlichen Auftrag ein Amt ausüben. Jetzt nur nicht argumentieren wollen, dass die Mittellinie wenige Meter später in eine unterbrochene übergeht, und es auf die paar Meter doch nicht ankomme. Im Gegenteil: Ihm den Wind aus den Segeln nehmend, sag ich: Das werden teure Marillen. Das Benzin hab ich ja eingerechnet, nicht aber ein Mandat. Der Beamte wechselt einen Blick mit seinem Kollegen; dann lässt er – mich warnend - Gnade vor Recht ergehen: Lassen sie sich die Marillen gut schmecken, aber noch einmal kommen sie so nicht davon.

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