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Früh am Morgen mache ich mich auf den Weg. Jetzt kenne ich ihn ja schon und weiß, was mich erwartet. Hoffentlich klappt es heute mit den Interviews. Obwohl es schon wieder oder noch immer regnet, verspricht der Tag freundlicher zu werden, und das bunte Leben, das ich am Sonntag so vermisst habe, findet tatsächlich statt. Ich gehe in ein Cambio und tausche Dollar gegen Pesos. Heute will ich mich nicht lumpen lassen und mich für die Gastfreundschaft von gestern revanchieren. Ich nehme ein Taxi, das mich in die Montessori-Schule bringt. Dort herrscht Hochbetrieb. Diana und Julian wieseln – das Handy  zwischen Kinn und Schulterblatt eingeklemmt – im Haus herum, und entschuldigen sich, dass sie wenig Zeit haben, aber eben dabei sind, alle Termine zu koordinieren. Ich lasse mir in einer der Bretterbuden auf der gegenüberliegenden Seite einen starken Kaffee brauen und übe mich in Geduld. Sie wird heute noch des öfteren auf harte Proben gestellt, aber es wird sich am Ende des Tages mehr als gelohnt haben. Mit wechselnden Fahrern, die mich von einem Interviewpartner zum andern durch Nuevo Laredo bis in die Außenbezirke kutschieren, wo die Maquiladores (hauptsächlich Autozubehörproduktion) und die strom- und wasserlosen Unterkünfte der ArbeiterInnen (25 $ Wochenverdienst) angesiedelt sind, verbringe ich den wohl interessantesten, aber auch bedrückendsten Tag meiner Reise.