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telefon Die grüne Taste mit dem Telefon drauf, die musst du drücken, wenn es klingelt oder du jemanden anrufen willst; die rote daneben ist zum Auflegen, wenn das Gespräch vorbei ist, brülle ich. Grün abheben, rot auflegen!, murmelt sie. Ist das alles?, fragt Mutter. Aber woher weiß ich, dass es klingelt, wenn ich’s nicht hör‘? Du musst halt deinen Hörapparat ins Ohr stecken, dann müsst ich auch nicht mehr so schreien, sag ich, und weiß im gleichen Augenblick, was sie jetzt sagen wird, nämlich: Aber der Hörapparat tut weh. Du hast ja keine Ahnung, wie. Da hör ich lieber nichts mehr, bevor mir das Blut aus den Ohren rinnt. Und angenommen, es klingelt und ich hör’s und heb ab, was passiert, wenn ich den roten Knopf vergiss‘?, schreit sie zurück, als wäre ich derjenige, der nichts hört. Ich weiß ja, du meinst es gut, aber ob ich damit umgehen kann? Ich weiß nicht. Mutter bleibt skeptisch. Eben haben wir das neue Mobiltelefon für Senioren ausgepackt. Die Werbung verspricht, dass es ohne Schnick-schnack auskommt, große Tasten hat und eine Akkulaufzeit bis zu 30 Stunden. Während ich meine Brille suche, um in der klein gedruckten und über 100 Seiten starken Bedienungsanleitung in 12 Sprachen die Seite zu finden, die mir sagt, wie man das Telefon in Gang bringt, beäugt es Mutter neugierig, als wäre es ein erlegtes Tier, das man nun endlich, - aber noch immer nicht ganz gefahrlos - aus der Nähe anschauen kann; vorsichtig, fast so, als könnte es plötzlich wieder lebendig werden. Kann man mit dem auch Fotos machen? Mama, sag ich, du wolltest ein ganz einfaches Telefon, das du leicht bedienen kannst. Das hat also keinen Fotoapparat?, fragt sie ungläubig und ihre Stimme klingt enttäuscht. Es soll welche geben, mit denen kann man sogar Musik hören und Fernseh schauen, setzt sie nach. Mama, sag ich, und ich sag es laut und mit Nachdruck: Du wolltest ein einfaches, schnurloses Telefon mit großen Tasten und einer lauten Klingel, damit du es erstens überhaupt hörst, wenn’s läutet und zweitens, nicht immer ins Vorzimmer rennen musst, wenn‘s läutet. Ich hab das nicht wollen!, sagt sie entrüstet. Ihr habt g‘sagt, das brauch‘ ich, weil ich’s nicht mehr hör‘, wenn ihr anruft. Gut, Mama, sag ich, mich beherrschend und in der Nachsicht übend, die auch ich einmal in Anspruch nehmen will, falls es mir gelingen sollte, so alt zu werden. Gut, Mama, gewonnen!, sag ich also. Ja, wir wollten, dass du ein besseres Telefon hast, damit wir dich besser erreichen können; und nein, Mama, mit diesem Telefon kannst du nicht Musik hören, nur telefonieren. Willst du trotzdem wissen, wie es funktioniert?

Motiv auf Brünnerstraße gefunden: Werbung kontradiktorisch[audio mp3="https://hostnig.at/wp-content/uploads/2014/12/gedichtweihnachten.mp3"][/audio] Ein Schüler, noch der Wiener Mundart mächtig, sagt das Gedicht von Trude Marzik auf: Was schenk ich heuer? Weihnachten wär gar...