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  20160112_071215Heute das erste Mal Lehrgeld oder Deppensteuer bezahlt, obwohl es nicht wirklich unser Fehler war, sondern der der Frau an der Rezeption, die den Taxifahrer nicht instruiert hat, auf welchem Bahnhof unser Zug nach der Zungenbrecherstadt "Zhangjiajie losfährt. Noch vor 5 Uhr in der Früh jedenfalls waren wir auf einem menschenleeren Bahnhof. Der einzige Mann war ein Kautabak kauender Wachmann, der in einem möglicherweise auch für chinesische Ohren unverständlichen Kauderwelch auf uns einredete. Zu ihm gesellte sich ein junger Mann, der mit ihm die Nacht verbracht haben dürfte, um sich eine Unterkunft zu changsha_morning (1)ersparen. Dieser junge Mann war rührend um uns besorgt, aber vollkommen hilflos. Ununterbrochen textete er ins Englische übersetzte, aber vollkommen absurde Botschaften wie: here is no work oder there is nothing, die wir mit zunehmender Panik zur Kenntnis nahmen und kopfschüttelnd quittierten, was ihn aber nicht davon abbringen ließ, weiterhin auf sein Translatorprogramm zu vertrauen, bis wir schließlich beschlossen, nachdem wir niemanden fanden, der auch nur ein paar Wörter Englisch verstand oder begriff, welches Problem wir hatten, uns wieder ein Taxi zu suchen. Wir wussten nur zu gut, dass es keinen anderen Zug mehr geben würde, da alle schon bis auf diesen early morning train ausgebucht waren. Der junge Mann schien von unserer Panik angesteckt und in ehrlicher Sorge. Das ging so weit, dass er uns nicht mehr von der Seite wich, bis wir wieder ein Taxi fanden. In unserer Not fiel uns nichts Besseres ein, als Mike changsha_morning (1) (3)aus dem Schlaf zu reißen, der uns am Vortag angeboten hatte, uns trotz der frühen Stunde auf den Bahnhof zu begleiten. Nach etlichen Versuchen - der Taxichauffeur war in der Zwischenzeit in einen heftigen Disput mit dem jungen Mann verwickelt - erlöste uns Mike mit einem verschlafenen Hallo. Ich schilderte ihm kurz das Problem, übergab das Smartphone dem Taxichauffeur, worauf wieder ein langes Palaver folgte, in das sich auch der junge Mann einmischte. Endlich war es so weit, aber in Wirklichkeit zu spät, um noch rechtzeitig auf den Zug zu gelangen. Wir trafen Mike in einem MacDonald am richtigen Bahnhof. Mittlerweile war der Tag angebrochen, obwohl er wegen des Smogs von der Nacht kaum zu unterscheiden war. Ein spooky Szenario, das uns an den Film "the fifth element" erinnerte. Wochenlang den blauen Himmel nicht zu sehen und sich mit Masken gegen den Feinstaub schützen zu müssen, kann ich mir schwer vorstellen: - Kinder inhalieren das Gift von drei Schachteln Zigaretten täglich und der Husten ist chronisch -. Ein Höllenlärm von miteinander konkurrierenden Lautsprecherdurchsagen, Hupkonzerte von Zubringern, die sich einen Weg durch die Menschenmassen bahnten, und tausend Lichter von Werbeeinschaltungen, die sich im nassen Asphalt spiegelten. Obdachlose, die in den noch geschlossenen Eingängen der Geschäfte schliefen, was bei der Kälte uns ein Ding der Unmöglichkeit schien. Bettler. Ja, viele Bettler, die mir in Suzhou nicht so aufgefallen sind. Menschen, die der Turbokapitalismus wie überall, so auch im kommunistischen China aus der Gesellschaft gespült hat.

  trainstation (1)trainstation (2)trainstation       Mit dem High-speed-train von Suzhou nach Changsha. Einen Zug kann man nicht einfach besteigen, einen Sitzplatz suchen, falls man keinen reserviert hat; eine Zugfahrt kann von Ausländern auch nicht im Internet gebucht werden, da ein Ticket nur mit Pass erstanden werden kann. Auf dem Bahnhof geht es wie auf einem Flughafen zu. Nach etlichen Sicherheitskontrollen darf man eine Viertelstunde vor Anfahrt auf den Bahnsteig und begibt sich dort auf die im Fahrschein markierte Stelle. Der Zug kommt mit vormals deutscher Pünktlichkeit. Die Sitze sind für uns Langnasen ziemlich niedrig und lassen für die Füße wenig Spielraum. Der Zug erreicht Spitzengeschwindigkeiten von über 350km. Sicht aus dem Zugfenster keine. Kein Nebel, Smog, was hier euphemistisch mit "cloudy" umschrieben wird. Um 11:30 ist Lunch-time in ganz China. Da werden die mitgebrachten Nudeln ausgepackt und mit heißem Wasser übergossen. Die meisten sind mit ihren Smartphones beschäftigt, für die es einen Stromanschluss bei den Sitzplätzen gibt. Entweder ist es WeChat, die chinesische Variante von Facebook, mit dessen Hilfe nicht mit den Lippen, sondern mit den Fingern geplaudert wird oder es werden chinesische Soaps geschaut.

pan gate (13)pan gate (11)pan gate (10)Heute ist das erste Mal ein blauer Himmel zu sehen. Überall wird die Wäsche ausgehängt. Das macht die sonst so reißbrettmäßig angelegten , schlanken Wohntürme geradezu bunt. auch in den Straßen wird über alles, was sich gerade anbietet, Wäsche gehängt. auf einer Stange Fische zum Trocknen, daneben eine Hose und Socken. Suzhou hat mit Umland 10 Millionen Einwohner. Vom Campus in die Stadt und den zwei U-Bahnlinien sind wir mit Wartezeiten oft über eine Stunde unterwegs. In der U-Bahn geht es sehr zivilisiert zu.  Auffallend ist, dass niemand auf den Rolltreppen die Stehenden im Gehen überholen will. Eine Fahrt kostet 4 yuan. Das sind ungefähr 30 Cent. Von A nach B zu wollen, ohne Sprachwissen und Kenntnis der Schriftzeichen, ist und bleibt ein Abenteuer. Gestern haben wir eine geschlagene Stunde an einer Bushaltestelle zugebracht. Jedesmal, wenn ich den auswendig gelernten Satz na lu gonggong qichie kai wang Pan men (welcher pan gate (4)pan gate (35)pan gate (28)Bus fährt zum pan gate?) los geworden bin, dessen Aussprache ich mit einer Nativespeakerin am Vortag geübt hatte, bildete sich schnell eine Menschenmenge, die laut zu debattieren begann, bis sie glaubte, eine Lösung gefunden zu haben. Jedesmal aber, wenn ich bei den Chauffeuren mich vergewissern will, ob es auch der richtige Bus ist, schütteln sie den Kopf, und das Prozedere beginnt von vorne. Ist man auf der Straße, lauert Gefahr von allen Seiten, da die elektrisch betriebenen Mopeds lautlos sowohl auf dem Gehsteig als auch gegen die Einbahn verkehren.

[gallery ids="9832,9833,9836,9837,9839,9844,9846,9847,9849,9851,9855,9854"] Heute fand zum Abschluss der einmonatigen Workshops von Susanne Hammer (Schmuckkunst) und Barbara Reisinger (Keramik) die offizielle Eröffnung der Ausstellung mit Honoratioren (Professoren und Direktoren) des Art & Design Technology Institutes  of Suzhou statt. Nach kurzen Ansprachen und gehaltenen Reden durften beim anschließenden Fotoshooting die Hassbänder (husbands of the artists) nicht fehlen. In Englisch mit einer Dolmetscherin die Vorhaben mit den ausschließlich chinesisch sprechenden Studentinnen in den Workshops zu kommunizieren, war eine ziemliche Herausforderung, die aber - wenn man sich die Resultate anschaut - mit Bravour gemeistert wurde. Aber lassen wir Susanne Hammer selbst zu Wort kommen: